Wir nehmen die Verleugnung nicht hin!
Die Wunden sind unsere Zeugen!
Das Phänomen der Holocaust-Leugnung
Die Leugnung oder Verharmlosung des Holocaust stellen die extremsten Formen des so genannten Geschichtsrevisionismus dar. Die ersten Versuche, die Fakten des Holocausts zu verleugnen, wurden kurz nach dem Zweiten Weltkrieg unternommen. Dieses Phänomen war besonders bei ehemaligen Beteiligten und Unterstützern des Nazi-Regimes oder der europäischen Kollaborateure verbreitet, die auf diese Weise ihre eigene Mitschuld an den Verbrechen des Völkermords von sich abzuwälzen versuchten. Das Phänomen der Holocaust-Leugnung hat sich aber seit den 1990er Jahren verbreitet und größere Aufmerksamkeit erreicht. Zwei Aspekte sind dabei zu beachten. Erstens, das allmähliche Verschwinden der Generation von Zeugen der Nazi-Verbrechen, zweitens der politische Umsturz in Osteuropa sowie die sich daraus ergebende Tendenz, Teile der Geschichte neu schreiben zu wollen.
Die Holocaust-Leugner geben sich als "unabhängige Wissenschaftler" aus und behaupten, bisher versteckte Aspekte der Geschichte ans Tageslicht zu bringen. Ihr Ziel ist, die Geschichte der Judenverfolgung im "Dritten Reich" anzuzweifeln oder zu relativieren und damit den Faschismus zu rehabilitieren. Die extremste Methode ist die Behauptung, bei der Judenverfolgung handle es sich überhaupt nur um eine Erfindung. Solchen Argumenten kann man leicht entgegentreten, indem man die zahlreichen Berichte und Zeugenaussagen von Überlebenden an-
führt. Doch manche der Holocaust-Leugner gehen soweit, selbst die Berichte der Überlebenden anzuzweifeln, indem sie ihnen eigennützige Motive zuschreiben. Manche behaupten sogar, das berühmte Tagebuch der Anne Frank sei eine Fälschung und erst nach dem Zweiten Weltkrieg geschrieben worden. Wenn diese Leute aber nicht mehr abstreiten können, dass Juden und andere zu Opfern des Naziregimes wurden, behaupten sie, die Opferzahlen wären übertrieben und in Wirklichkeit viel kleiner gewesen. Eine andere Methode ist der Versuch, die Naziverbrechen zu rechtfertigen, indem sie mit Gräueltaten von Seiten der Alliierten, etwa der Bombardierung Dresdens, verglichen werden. Die gebräuchlichste Praxis der Holocaust-Leugnung verwendet jedoch subtilere Formulierungen, um bewiesene Fakten in Frage zu stellen.
Wer sind die Holocaust-Leugner?
Während die ersten Holocaust-Leugner selbst Nazis waren, wird die Holocaust-Leugnung heute von einer kleinen, aber international vernetzten Gruppe von selbsternannten Historikern und Aktivisten der Rechten Szene propagiert. Die führenden Figuren sind Leute wie David Irving in Großbritannien, der ehemalige Ku-Klux-Klan Führer David Duke und Arthur Butz in den USA, Robert Faurisson in Frankreich und Ernst Zündel in Kanada. Ihnen allen gemeinsam sind der offene Antisemitismus, der Versuch, den
Faschismus zu rehabilitieren, und die Behauptung, eine angebliche "globale jüdische Verschwörung" zu bekämpfen.
Doch die Holocaust-Leugnung tritt keineswegs nur in kleinen Kreisen in Verbindung mit den oben genannten Leuten auf, sondern erfährt Unterstützung von Personen wie dem iranischen Präsidenten Ahmadinejad, der 2006 die Holocaust-Leugner nach Teheran zu einer internationalen Konferenz einlud.
Die Holocaust-Leugnung tritt gern in wissenschaftlichem Gewand auf, um ernst genommen zu werden. Die Holocaust-Leugner versuchen, sich selbst als respektable Historiker zu präsentieren und werden dabei von pseudoakademischen Institutionen unterstützt, wie vom Institute for Historical Review in den USA oder der ukrainischen Privatuniversität MAUP.
Seit den 1990er Jahren hat sich die Holocaust-Leugnung nämlich auch in den osteuropäischen Ländern stark verbreitet. Im Zuge des Auflebens nationalistischer Ideologien und nationaler Rivalitäten ist dort der Antisemitismus wieder salonfähig geworden. Während im Westen Holocaust-Leugner eher Randfiguren sind, haben sie in Osteuropa oftmals Zugang zu Medien und zum öffentlichen Leben. Ihre Ideen sind aber meist aus dem Westen importiert und werden häufig dafür verwendet, Nazi-Verbrechen den Angehörigen der rivalisierenden Nationalität anzulasten und die Mitschuld der eigenen Gruppe zu verleugnen.
Heute haben sich rechtsextreme Bewegungen immer mehr verbreitet und Europa durch rassistisch motivierte Gewalttaten gegen wehrlose Menschen in eine andauernde unsichtbare „Kristallnacht“ versetzt. Rechtsextreme Parteien gewinnen immer mehr Einfluss und werden in demokratische Institutionen gewählt. Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Geschichte im Bewusstsein zu halten, den Argumenten der Geschichtsfälscher entschieden entgegenzutreten und sie als Lügen zu entlarven, wo immer wir ihnen begegnen. Die Erfahrungen aus der Geschichte sollten uns in Erinnerung rufen, dass der Holocaust nicht mit den Gaskammern begonnen hat, sondern mit auf die Wände geschmierten Hassparolen und Steinen, die durch die Schaufenster von jüdischen Geschäften geworfen wurden, ebenso wie mit der schweigenden Akzeptanz einer breiten Mehrheit der Gesellschaft.
Quelle: United against Racism, 2007
erschienen in: Talktogether Nr. 22/2007