Sklaverei damals und heute PDF Drucken E-Mail

SKLAVEREI DAMALS UND HEUTE

Der Ursprung der Sklaverei

Eine der ersten Formen der Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft war die Sklaverei, die der egoistischen Idee entsprang, Reichtum ohne eigenen Schweiß zu produzieren und anzusammeln, und zwar auf Kosten anderer Menschen. So entstand die erste große Arbeitsteilung und die Spaltung der Gesellschaft in zwei Klassen: Herren und Sklaven, Ausbeuter und Ausgebeutete. Ursprünglich wurden die Sklaven meist aus Kriegsgefangenen rekrutiert. Die Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft wurde aber erst dann profitabel, sobald sie mehr einbrachte als der Mensch zum Überleben verbrauchte. Vorher war ein Sklave wertlos, weshalb beispielswiese die nordamerikanischen Indianer mit ihren Feinden ganz anders verfuhren: Sie wurden entweder getötet oder in den Stamm aufgenommen.

Aber kaum hatte sich das Privateigentum entwickelt, war auch schon die Sklaverei erfunden: Dass ein Mensch der Besitz eines anderen ist, und auch verkauft werden kann wie ein Stück Vieh. Sklaverei war in allen antiken Hochkulturen bekannt. Die Demokratie in Athen galt nur für die Freien, die Sklavenbesitzer. Zur Zeit der größten Blüte kamen aber auf jeden erwachsenen männlichen Bürger mindestens 18 Sklaven. Der Großteil der Bevöl­kerung war also von diesen Rechten ausgeschlossen. Und die römische Familie bezog sich ursprünglich gar nicht auf das Ehepaar und die Kinder, sondern auf die Sklaven: „Famulus“ bedeutet Haussklave und „familia“ die einem Mann gehörenden Sklaven. Weniger bekannt ist, dass es auch im Mittelalter Sklaverei in Europa gab - vor allem auf dem Balkan. Die Bezeichnung „Zigeuner“ kommt ursprünglich aus dem alttürkischen Wort „Tsigan“ und bedeutet Sklave.

Das größte Ausmaß und die größte Brutalität erreichte der transatlantische Sklavenhandel von Afrika nach Amerika. Er stand in engem Zusammenhang mit der europäischen Kolonialisierung und der Nachfrage nach billigen Arbeitskräften für die Plantagen auf dem amerikanischen Kontinent. Dreieinhalb Jahrhunderte lang wurden Afrikaner über den Atlantik in die Sklaverei verkauft. Die Menschen wurden von Sklavenhändlern gejagt, gefangen genommen und verkauft. Dann wurden sie auf Schiffe gepfercht und nach Amerika transportiert. Die Ernährung und die hygienischen Verhältnisse waren so schlecht, dass nur die Hälfte die Überfahrt überlebte. Außerdem begingen viele aus Verzweiflung Selbstmord. Die lebendig ankamen, wurden dann auf Märkten an die Plantagenbesitzer in Nord-, Süd- und Mittelamerika verkauft, die durch die Arbeitskraft der Sklaven großen Reichtum anhäufen konnten. Über 15 Millionen Menschen wurden so von Afrika über den Atlantik nach Amerika “exportiert”. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galt dieser Handel als ganz normales Geschäft.

Die Nachwirkungen der Sklaverei

Außer dem unermesslichen Leid, das diesen Menschen zugefügt wurde, hat der Sklavenhandel ein Erbe hinterlassen, das die Gesellschaft bis heute belastet. Erstens, eine völlige Zerstörung der afrikanischen Gesellschaft und eine nachhaltige Schädigung der wirtschaftlichen Entwicklung durch den enormen Verlust an arbeitsfähiger Bevölkerung - nach Schätzungen verlor Afrika durch den Sklavenhandel an die 50 Millionen Menschen. Zweitens, die psychologische Schäden, die bis heute im Bewusstsein der Menschen nachwirken. Schwarze Menschen sind immer noch benachteiligt, diskriminiert und Beleidigungen ausgesetzt und es gibt ihnen gegen­über viele Vorurteile und Ängste. Es muss gesagt werden, dass es heute zahlreiche Europäer gibt, die sich wegen Kolonialisierung und Sklaverei schuldig und auf der anderen Seite viele, die sich durch Europa geschädigt fühlen, aber beide Seiten trauen sich nicht oder schämen sich, darüber offen zu sprechen. Doch diese Konflikte dürfen nicht verschwiegen werden. Was geschehen ist, kann man nicht ungeschehen machen, aber Rachegefühle bringen auch nichts. Deswegen müssen die Menschen darüber reden und diskutieren. Nur eine Aufarbeitung dieser Probleme kann den Weg bereiten für eine gleichberechtigte Zukunft. Wunden können nur geheilt werden, wenn sie behandelt werden und nicht durch Verleugnung.

Damals Sklave - heute Lohnarbeiter

Erst die Industrialisierung und die Entwicklung des modernen Kapitalismus hat die Sklaverei abgeschafft und durch „freie“ Lohnarbeit ersetzt. Diese „Freiheit“ bedeu­tet aber auch, dass der Lohnarbeiter sich um sein Überle­ben selbst kümmern muss und wenn er nicht mehr benö­tigt wird, auf die Straße gesetzt und einfach durch andere ersetzt werden kann. Durch den Sklavenhandel und die Koloni­alisierung wurde großer Reichtum angehäuft und nach Europa gebracht, was die Entwicklung der modernen Industrie ermöglichte. Doch die besitzlosen Massen in Europa hatten davon keinen Vorteil: Das besitzlose Industrieproletariat lebte in Elend und wurde in den Fabriken für Hungerlöhne ausgebeutet.

Wer damals besitzlos und schwach war, wurde geknech­tet und heute ist es immer noch so. Obwohl die Sklaverei heute offiziell verboten ist, hat die Ausbeutung kein Ende. Auch heute leidet die Mehrheit der Menschheit darunter: ob es machtlose Frauen aus der „Dritten Welt“ oder die Lohnabhängigen in den Industrieländern sind. Der Unterschied ist nur: Damals wurden die Menschen gejagt und die menschliche Beute auf den Markt verkauft. Und dann entweder von den arabischen Sklavenhändlern durch die Wüste geschleppt oder von europäischen Sklavenhändlern mit Schiffen weit weg über das Meer gebracht. Heute ist es anders: die Menschen werden nicht mit Waffen gejagt oder in Ketten gelegt, sondern sind durch ein unsichtbares System gefangen, dem sie nicht entfliehen können, weil sie sonst nicht überleben können. Während damals die Kinder der Plantagenbesitzer Privatunterricht genossen und für ihre Herrscherrolle ausgebildet wurden, arbeiteten die Kinder der Sklaven bereits auf den Feldern. Auch heute versäu­men die Kinder der herrschenden Klasse keine Stunde vom Kindergarten bis zur Universität, während die Kinder der Besitzlosen in Steinbrüchen arbeiten, Teppiche knüpfen und Fußbälle und Sportbekleidung für internationale Konzerne herstellen.

Es gibt kein Entrinnen vor dem kapitalistischen Ausbeu­tungssystem. Die Kluft zwischen arm und reich in unse­rer Gesellschaft wird immer größer. Während sich der Reichtum in immer weniger Händen konzentriert, leben immer größere Teile der Weltbevölkerung in bitterer Armut. Je größer diese Kluft ist, desto mehr herrschen Verachtung, Arroganz und Egoismus in der Gesellschaft. Die einzige Waffe, die wir benötigen um uns dagegen zu wehren, ist die Solidarität!

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erschienen in: Talktogether Nr. 3/2003