Naher Osten: Die Stimme der Völker PDF Drucken E-Mail

Reden erst die Völker selber,

werden sie schnell einig sein!

(aus dem Solidaritätslied von Bertold Brecht)

„Perez und Arafat geht nach Hause! Ich und Nabila werden alles arrangieren“, steht auf dem Plakat einer jungen israelischen Frau, das sie bei einer Friedensdemonstration trug. Das klingt zwar naiv, doch ich bin davon überzeugt, dass sie und Nabila - vermutlich ihre arabische Freundin – tatsächlich jede Menge Ideen und Vorschläge für eine Lösung des Konflikts haben, die Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen in Israel und Palästina bringen könnte. Nur leider gehören sie nicht zu den Personen, die die Macht haben, Entscheidungen über das Schicksal der Menschen zu treffen.

Israel ist zwar nicht in Europa, aber es ist von Europa. Ohne die tragische Geschichte der Juden in Europa wäre der Zionismus nicht entstanden, jene Bewegung, die in einem eigenen Staat die Lösung für die Probleme sah. Während mit der Gründung des Staates Israel das Problem ausgelagert wurde, konnte sich Europa seiner Verantwortung entziehen und die Probleme andern überlassen. Die Geschichte ist aber nun einmal nicht mehr rückgängig zu machen. Heute leben über 5 Millionen jüdische Menschen in Israel, die das Recht auf ein Leben in Frieden und Sicherheit haben.
Wahr ist aber auch, dass der größte Teil der Ressourcen Palästinas heute in israelischer Hand sind und der Großteil der palästinensischen Bevölkerung in Flüchtlingslagern oder unter der israelischen Besatzungsmacht auf engstem Raum in Armut und Unterdrückung lebt. Einen dauerhafter Frieden kann es aber nur geben, wenn eine gerechte Verteilung an Ressourcen und Entwicklungsmöglichkeiten für alle Völker der Region gewährleistet sind.

Der Konflikt in Palästina wird aber von vielen Gruppen und Bewegungen für ihre eigenen Zwecke missbraucht. Wie etwa von islamischen Fanatikern, die mit den Leiden den Palästinenser ihre Verbrechen rechtfertigen wollen, oder ihre jüdischen Gesinnungsgenossen, die jeden Angriff und jede Verzweiflungstat als Rechtfertigung für ihr Ziel benützen, das ganze Land zu erobern und die arabische Bevölke­rung zu vertreiben. Arabische Politiker versuchen, die Schuld für alle Probleme in den arabischen Gesellschaften Israel in die Schuhe zu schieben, um von der eigenen Verantwortlichkeit abzulenken. Auch in Europa wird dieser Konflikt von unterschiedlichen politischen Gruppen benutzt, um die Menschen zu verwirren und gegeneinander auszuspielen. Ich habe den Verdacht, dass sich diese Leute in Wahrheit weder für das Schicksal der palästinensischen noch der israelischen Menschen interessieren.

Die Menschen sehnen sich nach Frieden. Doch die politischen Kräfte, die heute über das Schicksal der Menschen bestimmen, haben ihre eigenen Interessen und wollen vor allem an der Macht bleiben. Das gilt sowohl für die palästinensische Elite, die ihren Reichtum und ihre Privilegien bewahren will, als auch für die israelische Bourgeoise und ihre imperialistischen Unterstützer, die mit der Spaltung der Völker versuchen, ihre Macht aufrechtzuerhalten. Auch die Gruppen, die zu Attentaten auf die Zivilbevölkerung aufrufen oder diese befürworten wie etwa die Hamas - früher vom israelischen Geheimdienst finanziert – arbeiten Tag und Nacht daran, die Bevölkerung zu spalten und den Krieg zu schüren. Es gibt aber genügend Menschen wie Nabila und ihre Freundin, die den Wunsch haben, in Frieden und glücklich in diesem Land zu leben. Sie sind in der Lage, eine Lösung finden, um die Ungerechtigkeit, die Zerstörung und das Morden zu beenden. Wann wird auf ihre Stimme gehört werden? Normal 0 21 false false false MicrosoftInternetExplorer4

 

erschienen in: Talktogether Nr. 6/2003