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Demokratie und Freiheit nur für Ausgewählte?
Reichtum und Armut liegen nur eine Bootsfahrt auseinander. Jahrelang haben nordafrikanische Diktatoren die Drecksarbeit übernommen, Europa die Flüchtlinge vom Hals zu halten. Nun, da sie gestürzt oder in Bedrängnis geraten sind, stranden täglich Hunderte Flüchtlinge auf den Mittelmeerinseln Lampedusa und Malta.
Jetzt beraten die europäischen Staaten, was sie tun können, um diese Menschen wieder loszuwerden. Sie werden als Gefahr angesehen, nicht weil sie Waffen besitzen, sondern nur, weil sie überleben wollen. Sie werden behandelt wie Kriminelle, die ins Paradies einbrechen wollen, um den EinwohnerInnen ihren Reichtum zu stehlen. Woher das Elend dieser Menschen stammt oder dass die Armut von dort etwas mit dem Reichtum hier zu tun haben könnte, wird aus der Diskussion ausgeklammert. Ebenso, dass die Flüchtlinge als rechtlose Arbeiter in den Gemüse- und Obstplantagen und als billige Pflegekräfte für die alternde Bevölkerung Europas willkommen sind.
Europa präsentiert sich gern als Raum der Freiheit, der Demokratie, der Sicherheit und des Rechts. Die Menschen, die von diesen Rechten ausgeschlossenen sind, versuchen sich Zugang zu schaffen zu diesem Raum. Und das unter lebensgefährlichen Bedingungen, denn eine Möglichkeit, legal nach Europa zu kommen, gibt es nicht. 14.037 Todesfälle (1) an den Außengrenzen Europas wurden bisher dokumentiert. Hier handelt es sich nicht um isolierte Einzelfälle, sondern der Tod dieser Menschen ist eine direkte Folge der europäischen Abschottungspolitik. Somit wird der Raum von „Freiheit und Menschenrechten“ abgesichert und erscheint fast wie ein großes Gefängnis.
„Die natürlichen und unantastbaren Menschenrechte sind das Recht auf Freiheit, das Recht auf Eigentum, das Recht auf Sicherheit und das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung“, heißt es in der Deklaration der Menschenrechte, „jeder Mensch hat das Recht auf Selbstbestimmung sowie auf ein menschenwürdiges Dasein, insbesondere auf Familienleben, Arbeit, menschenwürdigen Wohnraum, angemessenen Lebensunterhalt, auf soziale Sicherheit, auf den besten erreichbaren Gesundheitszustand, auf Bildung und Teilhabe am kulturellen Leben“. Laut dieser Deklaration hat jeder Mensch Anspruch auf diese grundlegenden Rechte, ohne Unterschied nach Hautfarbe, Geschlecht, nationaler oder sozialer Herkunft und religiöser oder politischer Überzeugung.
„Die vertragschließenden Staaten werden hinsichtlich der Ausübung nichtselbständiger Arbeit jedem Flüchtling, der sich rechtmäßig in ihrem Gebiet aufhält, die günstigste Behandlung gewähren, die Staatsangehörigen eines fremden Landes unter den gleichen Umständen gewährt wird.“ (Genfer Flüchtlingskonvention, Artikel 17)
Doch eine Gruppe von Menschen ist von diesen Rechten systematisch ausgeschlossen, nämlich die Asylsuchenden. Obwohl die Genfer Flüchtlingskonvention vorsieht (2), dass jedem Menschen, der sich zumindest drei Jahre lang in einem Staatsgebiet aufhält, der Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und Sozialleistungen zusteht, warten AsylwerberInnen oft viele Jahre auf den Ausgang ihres Verfahrens. Während dieser Zeit sind sie zu Passivität verurteilt, denn es wird ihnen vom Gesetz verwehrt einer geregelten Arbeit nachzugehen um ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten, oder eine Berufsausbildung zu machen. Wer nicht unter prekären Bedingungen und in Abhängigkeit leben will, ist gezwungen schwarz oder in Saisonjobs zu arbeiten, ohne sich gegen ausbeuterische Arbeitsbedingungen wehren zu können.
In Artikel 32 der Genfer Flüchtlingskonvention heißt es, dass ein Flüchtling nur aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ausgewiesen werden darf, und dass ihm Gelegenheit gegeben werden muss, in einem anderen Land um Aufnahme anzusuchen. Gefährden Kinder und gut integrierte Familien Österreichs Sicherheit? Die Möglichkeit in einem anderen Land um Aufnahme anzusuchen, wird durch das Dublinabkommen (3) verwehrt. Schubhaft und Internierung in Lagern widersprechen wiederum Artikel 26, der Flüchtlingen das Recht gewährt, sich frei zu bewegen und ihren Aufenthalt selbst zu wählen.
Der 20. Juni wurde zum Internationalen Flüchtlingstag erklärt. Nützen wird diesen Tag dazu, gehen die unmenschlichen Bedingungen aufzutreten, unter denen Aslysuchende leben müssen. Nicht länger soll auf dem Rücken von AsylwerberInnen Wahlkampf betrieben werden! Was die Menschen brauchen, die in Österreich eine neue Heimat suchen, sind Chancen und die Ermutigung, sich weiter zu entwickeln und ihre Fähigkeiten und Kompetenzen in die Gesellschaft einzubringen. Dazu bedarf es auf der einen Seite gesetzlicher Änderungen, die Asylsuchenden den Zugang zu Arbeit, Bildung und Sozialleistungen gewähren. Auf der anderen Seite braucht es ein Umdenken: Solange man Menschen als „Fremde“, Eindringlinge oder gar als Bedrohung betrachtet, gibt es keine Integration.
(1) Quelle: unitedagainstracism.org, 20.01.2011
(2) www.aufenthaltstitel.de/genferkonvention.html, Art. 17,22,23
(3) Nach dem Dubliner Übereinkommen ist das Land für das Asylverfahren zuständig, in das ein Asylwerber/eine Asylwerberin zuerst eingereist ist, und Flüchtlinge werden dorthin zurückgeschoben. Das Problem ist, dass Aslysuchenden nicht in allen Ländern die gleichen Rechte zustehen.
erschienen in Talktogether Nr. 36/2011
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