Â
African Brunch und Gesprächsrunde
Afro-Asiatisches Institut Salzburg, Wiener-Philharmoniker-Gasse 2 Samstag, 18. Oktober 2014, 11-14 Uhr
Thema der Podiumsdiskussion: Was kann die afrikanische Diaspora zur Armutsbekämpfung und zur politischen Veränderung beitragen?
     
Teilnehmer_innen:
- Beatrice Mufanga (Bondeko Na Lisanga, DR Kongo)
- Aubin Kuche (Afrika Solidarität, Kamerun)
- Jubril Olawunmi (Kajola Community Development, Nigeria)
- Daniela Molzbicher (Entwicklungspolitischer Beirat des Landes Salzburg)
- Moderation: Amina Abdi
Ausgangspunkt:
Rücküberweisungen übersteigen in vielen Ländern Afrikas sowohl Direktinvestitionen als auch die Entwicklungshilfe. Das Engagement der afrikanischen Diaspora ist für die Menschen in ihren Heimatländern zuweilen überlebenswichtig.
Die meisten Afrikaner und Afrikanerinnen kommen als Flüchtlinge, Studierende oder durch Heirat nach Österreich. Sie haben also, wenn sie hier ankommen, keinen Arbeitsvertrag in der Hand. Oft dauert es Jahre, bis sie legal arbeiten dürfen. Und auch dann arbeiten sie oft in schlecht bezahlten Jobs unter prekären Arbeitsverhältnissen. Trotzdem wartet die Familie, die sie zu Hause zurück gelassen haben, auf Unterstützung. Die Menschen in Afrika brauchen das Geld, um ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen, um die Krankenversorgung zu bezahlen, um Notleidende Verwandte zu unterstützen. Die Migrantinnen bezahlen einerseits hier in Österreich Steuern (und können diese Rücküberweisungen auch nicht steuerlich abschreiben), gleichzeitig sind ihre Angehörigen von dieser Hilfe abhängig um zu überleben. Somit sind sie doppelt belastet.
Diaspora Entwicklungprojekte: MigrantInnen als Brückenbauer
Afrikanische Migranten und Migrantinnen, die sich hier in Österreich etabliert haben, sind oft unzufrieden damit, dass das Geld, das sie monatlich nach Hause schicken, einfach aufgebraucht wird und keine Entwicklung stattfindet. Sie fühlen sich aber verpflichtet, die Menschen in ihrem Herkunftsland zu unterstützen. Deshalb initiieren einige von ihnen Entwicklungsprojekte: Sie bauen oder unterstützen Schulen und Kinderheime, bringen medizinische Geräte nach Afrika, engagieren sich in landwirtschaftlichen Projekten oder gründen Unternehmen. Diese Projekte werden meist aus eigener Kraft, durch Spenden und Benefizveranstaltungen finanziert. Auch wenn MigrantInnen von der Entwicklungszusammenarbeit zunehmend als Brückenbauer wahrgenommen werden, sind die Hürden, Fördergelder zu beantragen oder in den Fairtrade Handel einzusteigen, oft sehr hoch. Diaspora Vereinen, deren Mitarbeiter meist ehrenamtlich und neben dem Beruf arbeiten, fehlen dazu oft die nötigen Ressourcen und Erfahrungen.
Zum Einstieg gibt es eine Präsentation, die in die Thematik einführt und folgende Fragen aufwirft:
Hühnerteile aus Europa, die zum Niedrigpreis verschleudert werden und lokale Produzenten ruiniert, Investitionen, die nur dazu eingesetzt werden, um den Reichtum aus Afrika abzuziehen: Braucht Afrika überhaupt Unterstützung?
Einige afrikanische Staaten weisen hohe Wachstumsraten auf. Wohin geht der Reichtum Afrikas und wer profitiert davon?
Welche Hindernisse und Herausforderungen sind zu überwinden, damit die Hilfe aus Europa bei den Menschen ankommt?
Kann mit dem Geld, das von Europa nach Afrika geschickt wird, die Armut bekämpft und eine positive politische und soziale Entwicklung in Afrika gefördert werden, oder zementiert es die Abhängigkeit ein?
Wenn afrikanische MigrantInnen Aufgaben übernehmen, die eigentlich der Staat leisten sollte, halten sie damit ein System am Überleben, das Armut produziert?
Kann die afrikanische Diaspora auch dazu beitragen, dass sich die Politik in Afrika in eine positive Richtung verändert und die Menschen besser von ihren Ressourcen profitieren können??
Seit vielen Jahren werden Entwicklungsprojekte gefördert. An die Vertreterin des Entwicklungspolitischen Beirats richten sich die Fragen, welche Ergebnisse die Projekte in Afrika vorweisen können und ob Diaspora Projekte Zugang zu Fördergeldern aus der Entwicklungszusammenarbeit haben.
Diskussion:
Beatrice Mufanga berichtet über ihr Projekt: Medizinische Hilfe in der DR Kongo. Sie hat eine große Menge medizinische Geräte in Österreich gesammelt und in die DR Kongo geschickt. Von den dortigen Zollbehörden wurde ihr jedoch keine Hilfe zuteil, diese verlangten sogar noch Geld für die Herausgabe der gespendeten Geräte. In Afrika stellen die Korruption und die mangelnde Kooperation der Behörden, in Österreich die hohen Hürden, Förderungen für Projekte zu erhalten, ihrer Meinung nach große Hindernisse für die erfolgreiche Umsetzung von Diaspora Projekten dar.
Entwicklungsprojekte sind nur dann erfolgreich, wenn sie die Menschen vor Ort einbinden, sagt Aubin Kuche, der in Kamerun beim Aufbau einer Schule mitgearbeitet hat: „Rücküberweisungen oder Hilfe, die von außen kommt, sind nicht genug; ein Projekt muss vor Ort mitgetragen werden.“ Obwohl er selbst sehr schlechte Erfahrungen mit der Politik in Kamerun gemacht und unter schwierigsten Bedingungen flüchten musste, plädiert er dafür, lokale Politiker einzubinden. Vor allem brauche es Aufklärung und realistische Erwartungen.
„Es reicht nicht, nur Geld zu schicken, man muss die Menschen in Afrika zum aktiven Handeln bewegen, auch gegen die korrupten Regierungen“, meint Jubril Olawunmi, dessen Verein eine Schule in Nigeria finanziell unterstützt und eine Cashew Plantage betreibt. „Ein Umsturz des Systems kann nur von unten funktionieren. Dazu braucht es aber Bildung“.
Einig waren sich die Podiumsgäste, dass die afrikanische Diaspora eine wichtige Brücke zwischen Europa und Afrika darstellen kann, weil AfrikanerInnen die Verhältnisse vor Ort und die Bedürfnisse der Menschen kennen. Dass Diaspora-Organisationen ein nützliches Bindeglied zwischen Europa und Afrika sind, wird aber bislang nur von wenigen Regierungen und internationalen Institutionen anerkannt. „Die Entwicklungszusammenarbeit geht seit den 1990er Jahren in Richtung Großprojekte, mit vielen Nachteilen. Die öffentlichen Mittel sind knapp und werden laufend gekürzt. Doch gerade kleine Initiativen können mit einem geringen finanziellen Aufwand einen großen Unterschied für die Lebensbedingungen von Menschen in Afrika machen“, sagt Daniela Molzbichler, Mitglied des entwicklungspolitischen Beirats des Landes Salzburgs.
  
Eine gemeinsame Veranstaltung von AVP Salzburg (Verein Salzburg - Kommunikation & Kultur/Kajola Community/Friends of Kilimanjaro), Afro-Asiatisches Institut Salzburg und African Tourism Studies Association Salzburg. Wir bedanken uns für die Unterstützung durch die Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung!
Â
|