Wie wollen wir leben?
Was können wir beitragen und was brauchen wir, um uns entfalten zu können?
Beim Workshop zum Internationalen Frauentag diskutierten wir über die Frage, wie wir leben wollen und welche Faktoren uns daran hindern, uns zu entfalten, aber auch wie wir diese Hindernisse gemeinsam überwinden können – auf individueller und auf gesellschaftlicher Ebene. Das anschließende Fest bot den Frauen die Möglichkeit, in entspannter Weise bei einem schmackhaften und gesunden Essen über die Ergebnisse des Workshops zu diskutieren und gemeinsam zu feiern.

Anlässlich des diesjährigen Internationalen Frauentages haben wir am 11. März Frauen aus unterschiedlichen Communities zu einem Workshop und einem Frauenfest eingeladen. Wir, das sind das Projekt Drehscheibe Integration von Frau & Arbeit, der Verein Talk Together, Somos Salzburg sowie das ABZ – Haus der Möglichkeiten zusammen mit dem privaten Engagement von Sumeeta Hasenbichler. Insbesondere haben wir Frauen angesprochen, die in Vereinen aktiv sind und die erarbeitenden Ideen in ihre Communities weitertragen können.
Der Workshop und das Fest hatten zum Ziel, gerade nach der langen Zeit der Pandemie, die Zuversicht der Frauen (wieder) zu stärken, gemeinsam weiterhin wirkungsvoll für Frauenrechte und ein besseres Leben eintreten zu können, sowie allgemein den Austausch und die Vernetzung zwischen den verschiedenen Initiativen, die sich dem Empowerment von Frauen mit Migrationsgeschichte verschrieben haben, zu fördern. Die Idee war, die Frauen mithilfe kreativer Elemente dazu zu motivieren, ihre Bedürfnisse auszudrücken, eigene Ideen einzubringen und Visionen für die Zukunft zu entwickeln.
Der Workshop wurde von der Theaterpädagogin Barbara Wick geleitet, mit der der Verein Talktogether bereits 2010/2011 das Forum-Theaterprojekt Dalli-Schweißfabrik umgesetzt hat. Theaterpädagogische Übungen am Beginn des Workshops, um die Konzentration zu fördern und das Vertrauen ineinander zu stärken, machten es für die Teilnehmerinnen persönlich erlebbar, welche Kraft und Ausdruckstärke in uns Frauen steckt und wie sich Zusammenhalt und Solidarität körperlich anfühlen. In einem World-Café wurde schließlich gemeinsam inhaltlich erarbeitet, was jede von uns für ein besseres Leben individuell beitragen kann, und was es von der Gesellschaft braucht, damit Frauen ihr Potenzial entfalten können. Die Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Forderungen an Politik und Gesellschaft wurden im anschließenden Festteil präsentiert.
Anwesend waren Vertreterinnen der Integrationsabteilung des Landes Salzburg und die Landtagsabgeordnete Lisl Weitgasser, die über persönliche Lebenserfahrungen berichtete. Frau Weitgasser hatte in den 1980er Jahren in den USA eine Pilotenausbildung absolviert, in Europa war ihr aber aufgrund überkommener Rollenbilder eine Karriere als Pilotin verwehrt worden. Ursula Liebing von Frau & Arbeit forderte mehr professionelle staatliche Hilfe für Geflüchtete, Integration dürfe nicht allein die Aufgabe von Ehrenamtlichen sein. Sie plädierte außerdem für mehr Bildungsangebote für Frauen, denen in ihren Herkunftsländern der Zugang zur Bildung verwehrt wurde.

Ergebnisse des Workshops:
Arbeit: Gefordert wird u.a. eine faire Bezahlung für Frauenberufe z.B. in der Pflege und der Kinderbetreuung, Vertrauen in die Fähigkeiten von Migrantinnen, die Wertschätzung ihrer Person und ihrer fachlichen Kompetenz, mehr Entwicklungsmöglichkeiten im Beruf sowie eine bedürfnisgerechte und zeitflexible Kinderbetreuung (z.B. in Betriebskindergärten) sowie eine aktive Personalpolitik mit der Sichtbarkeit von Migrantinnen.
Diskriminierung: Die Frauen erwarten Akzeptanz und einen respektvollen Umgang. Um zu verhindern, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden, brauche es mehr positive Medienöffentlichkeit für Menschen mit Migrationsgeschichte, statt Migration als Problem darzustellen.
Bildung: Die Teilnehmerinnen berichten über Erfahrungen mit der Diskriminierung ihrer Kinder im Bildungsbereich und fordern, dass Kinder, die eine andere Erstsprache als Deutsch haben, nicht automatisch in Vorschul- oder Deutschförderklassen verwiesen werden, auch der Besuch eines Gymnasiums sollte für sie möglich sein und unterstützt werden.
Existenzsicherung: Hier werden insbesondere die unbezahlbaren Kosten für geeigneten Wohnraum als Problem identifiziert.
Mitbestimmung: Hürden beim Zugang zur Staatsbürgerschaft sollten abgebaut und mehr Mitbestimmung in allen Lebensbereichen ermöglicht werden.
Soziales: Wichtig seien der Austausch auf Augenhöhe und mehr Räume für Begegnung und Kennenlernen.
Was können wir selbst tun?
Als persönliche Strategien nannten die Frauen u.a. gegenseitige Unterstützung und Aufmerksamkeit, es sei aber auch sehr wichtig, auf sich selbst zu schauen, auf die eigene körperliche und psychische Gesundheit zu achten, auch einmal NEIN sagen zu können und die Beteiligung der Männer bei Haushalt und Erziehung einzufordern.
Das Fest wurde umrahmt von den Kochkünsten der Frauen des Vereins Somos Salzburg, die ein köstliches vegetarisches Menü mit Quinoa aus Peru zubereiteten. In ihrer Rede betonte Obfrau Mónica Ladinig: „Wir sind hier eine kleine Gruppe, aber hinter uns stehen viele Frauen, die täglich kämpfen.“ Den Abschluss bildete ein Tanzimpuls von Zara Zaitova. So konnten sich Frauen unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft in angenehmer Atmosphäre austauschen und gemeinsam feiern.
Für das nächste Jahr hat sich die Arbeitsgruppe vorgenommen, an den diesjährigen Ergebnissen weiterarbeiten und sich der Entwicklung von konkreten Maßnahmen zu widmen, z.B. der Beschäftigung von Frauen mit geringer Qualifikation.
Bild: Nina Vasilchenko Foto: Eren Akinola
veröffentlicht in Talktogether Nr. 80/2022
Â
Â
|